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Thursday, December 28, 2017

Medienphrasen 2017

Alle Jahre wieder: Die albernsten Phrasen und abgenutztesten Metaphern in deutschen und amerikanischen Medien.

  • Sicherheitskonzept
  • in trockenen Tüchern
  • [sic!]
  • Exzellenzcluster
  • Gemengelage
  • Aktivist
  • Experte
  • Räume bespielen
  • Filterblase
  • Echokammer
  • Narrativ
  • artisanal
  • wertig
  • der große Teich
  • Vordenker
  • Leadership
  • Alphatier
  • abfackeln
  • gerät immer mehr unter Druck
  • scalable
  • grünes Licht
  • Sex-Täter
  • intrinsisch
  • newly renovated / neu renoviert
  • We’ll circle back to that
  • volle Härte
  • visionär / visionary
  • kreative Querdenker
  • offenes Geheimnis / open secret
  • Sustainability
  • der Berg kreißte und gebar eine Maus
  • ins Gelbe Trikot fahren
  • Game Changer 
  • angedacht haben
  • aus dem Nähkästchen plaudern
  • battle with cancer
  • Kasse klingelt
  • steile These
  • atmender Rahmen
  • befüllen
  • Rock-Röhre
  • im Raum stehen
  • Influencer
  • verhärtete Fronten
  • schallende Ohrfeige
  • hyperlocal
  • dystopisch/dystopic
  • bleibt abzuwarten
  • Schreckgespenst
  • zähes Ringen
  • wohl den Schuss nicht gehört haben
  • qualitätsvolle Inhalte
  • sei dahingestellt
  • gefühlt
  • Reich der Mitte
  • Impulsreferat
  • Zerreißprobe
Sollten Sie dieses Jahr den Schuss nicht gehört haben: 2018 bestimmt.

Saturday, December 2, 2017

Albums 2017

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  1. Kate Bush: Before the Dawn
  2. Hans-Joachim Roedelius & Arnold Kasar: Einfluss
  3. Dieter Moebius: Musik für Metropolis
  4. Phew: Light Sleep
  5. Peter Gordon w/ David Van Tieghem & Love of Life Orchestra: Condo (EP)
  6. Lana Del Rey: Lust for Life
  7. Six Organs of Admittance: Burning the Threshold
  8. Yello: Live in Berlin
  9. Various: Hans Zimmer -- The Classics
  10. Tangerine Dream: Quantum Gate


Kate Bush: Unvermeidlich -- eigentlich zwar von 2016, erschien aber so spät im Dezember, dass sie nicht mehr für meine 2016-Liste berücksichtigt werden konnte, deswegen jetzt hier. Viel zu gut, um unter den Tisch zu fallen, aber auch ein bisschen anstrengend -- das Thema der CD 2 ist ja schließlich keine Kleinigkeit.

Roedelius & Kasar: Ein rundes Album, an dem es einfach nichts auszusetzen gibt.

Moebius: Als Filmmusik für Metropolis eher nicht ideal, als eigenständiges Werk aber definitiv unterschätzt.

Phew: Dieselbe Phew aus Japan, die schon 1988 ein Album mit Holger Czukay und Jaki Liebezeit gemacht hat. Sperrig, aber lohnend.

Peter Gordon & Co: Was die Leute noch so alles in den Schubladen haben ... Aber wenn David Van Tieghem dabei ist, bin ich immer neugierig.

Lana Del Rey: Dies scheint zunächst ein freundlicheres Album zu sein als die beiden Vorgänger, aber da darf man sich nicht täuschen lassen. Eine faszinierende Stimme allemal. Auf die Rap-Einlagen hätte ich trotzdem gut verzichten können.

Six Organs of Admittance: Ein schönes Album. Wenn die mir allerdings erzählen würden, sie hätten niemals Brainticket gehört, würde ich ihnen nicht glauben.

Yello: Das Schweizer Kraftwerk. Die 80er sind wieder da, diesmal aber mit zehnköpfiger Band inklusive fünf Bläsern, dazu ein Percussionist und die exzentrische Sängerin Fifi Rong aus Shanghai. Ansonsten überraschungsfrei, aber einfach gut gemacht. Dieter Meier bringt "Bostich" ohne Versprecher über die Bühne -- Respekt.

Hans Zimmer: Auch mir als bekennendem Zimmer-Fan ist nicht entgangen, dass sein Album Live in Prague total überproduziert ist, und selbst auf der CD hört man noch, dass dem Publikum die Ohren weggeflogen sein müssen. Hier auf The Classics aber werden Zimmers Kompositionen auf sehr unterschiedliche Weise von Leuten wie Lang Lang, Till Brönner, Maxim Vengerov, The Piano Guys, 2Cellos und anderen interpretiert, und das lässt sich hören.

Tangerine Dream: Der 2015 verstorbene Edgar Froese spielt hier selbst noch mit, wenn auch nur indirekt. Seine Mitstreiter Thorsten Quaeschning, Ulrich Schnauss und die Violinistin Hoshiko Yamane haben seine elektronisch für dieses Album hinterlassenen Skizzen vervollständigt. Herausgekommen ist dabei ein zwar überraschungsfreies, gleichwohl aber druckvolles Album, das an beste Hyperborea-Zeiten anknüpft.


Knapp nicht in meine Top 10 haben es geschafft:


  • The Beatles: Sgt. Pepper (50th Anniversary Edition);
  • Cluster: Konzerte 1972/1977
  • Brian Eno: Reflection (fraglos eine schöne Platte, aber in dieser Musiksparte ist sein Thursday Afternoon einfach nicht zu toppen); 
  • Kraftwerk: 3-D The Catalogue (inzwischen Grammy-nominiert für die Acht-CD-Box selbst, desgleichen für Fritz Hilperts 3-D-Mix, für Fans interessant, aber letztlich eben doch kein neues Album); 
  • Jeff Lorber Fusion: Prototype (handwerklich erstklassig gespielter Fusion, aber irgendwie überzeugt mich das Ganze dann doch nicht -- man hat diesen Stil einfach zu oft gehört); 
  • John Maus: Screen Memories (jedes Stück für sich genommen gut, insgesamt mir aber zu einförmig); 
  • Mike Oldfield: Return to Ommadawn (gut, aber etwas kühl geraten und kommt nicht an das ursprüngliche Ommadawn-Album heran); 
  • Hans-Joachim Roedelius, Christopher Chaplin, Andrew Heath: Triptych in Blue (auch sehr schön, aber Einfluss ist besser). 



Wiederentdeckt:

Ry Cooder & Manuel Galban: Mambo Sinuendo (2003)
Chick Corea: Return to Forever (1972)
Bob Dylan: Street Legal (1978)


(Dieser Post erschien zuerst in manafonistas.de)

Wednesday, November 29, 2017

The Stamp Thing

Yesterday at the post office.
Me: Please, could you give me ten global stamps?
Lady behind the counter: Do you eat deer meat?
Me: Sorry, I didn't understand ...?
Lady behind the counter: Deer meat. Do you eat that?
Me: Deer meat? No. Do you have some leftovers you want to get rid of, or why do you ask?
Lady behind the counter: Where do you come from? Are you from England?
Me: No, I'm from Hamburg, Germany.
Lady behind the counter: You have an English accent.
Me: That's fine. I need ten global stamps. Do you sell them here?
Lady behind the counter (to her colleage at the next counter): Do you have global stamps left?
Lady behind the next counter (rummages around a while and finally finds some. Hands them over.)
Lady behind the counter: Elevenfifty. Thanks. Have a great day!
Me: Same to you, thanks.

Must be American humor.

Wednesday, September 20, 2017

Karl Bartos: Der Klang der Maschine




(Scroll down for English version!)

In Wirklichkeit heißt der Mann also Karlheinz. Zu Herrn Karl wurde er erst, als es darum ging, seinen Namen für die Kraftwerk-Bühne in Neonrohr zu biegen: Da ist Karl eben nur halb so teuer wie Karlheinz.

Wenn das alles wäre, was man aus der soeben vorgelegten Autobiografie des Musikers Karl Bartos erfahren würde, wären 600 Seiten ein bisschen viel. Aber man erfährt doch eine ganze Menge mehr. Um falschen Erwartungen vorzubeugen, sollte man sich zunächst klarmachen, dass dies die Autobiografie Karl Bartos' ist, nicht die Story von Kraftwerk -- die nimmt zwar den größeren Teil des Buches ein, und sie klebt, wie er selbst sagt, wie ein Schatten an ihm, aber sie ist nicht sein ganzes Leben.

Karl Bartos, geboren in Berchtesgaden, aufgewachsen in Düsseldorf, heute in Hamburg lebend, ist ausgebildeter klassischer Perkussionist, der in Schlager- und Tanzbands ebenso gespielt hat wie im Opernorchester. Zur Abschlussprüfung spielte er Gary Burtons nur scheinbar unauffällige Solokomposition "The Sunset Bell" -- aber wer das Werk mal konzentriert gehört hat, wird ungefähr einordnen können, auf welchem spielerischen Niveau er sich da bewegt. Kraftwerk war denn zunächst auch nicht mehr als ein Job unter diversen, bis ihn die Kraftwerker ultimativ aufforderten, exklusiv für sie zur Verfügung zu stehen (man könne schließlich nicht gleichzeitig für Mercedes und BMW arbeiten). Dass sie ihn damit zu einem Unternehmer machten, der nur einen einzigen Kunden haben durfte, fiel ihm wohl selbst erst später auf -- dann allerdings umso unangenehmer, denn klare Absprachen oder Verträge gab es nie. Jahrelange Rechtsstreitigkeiten folgten auf dem Fuße.

Aber das ist ein Vorgriff. Bartos schildert zunächst mal seine Jahre mit Kraftwerk, die die Alben von Radioaktivität bis Electric Cafe umfasst. Man lernt Titel für Titel die Arbeitsweise der Gruppe kennen, die "Writing Sessions", und seinen eigenen steigenden Anteil daran. Er war weit mehr als nur "der Drummer". Wer Bartos' spätere Soloplatten kennt, kann seine Handschrift auch bei Kraftwerk ohne große Schwierigkeiten heraushören. Als Co-Autor genannt zu werden ist ihm schließlich gelungen; später sogar -- was ich nicht wusste -- haben ihn Ralf und Florian auch an den Plattenverkäufen beteiligt.

Man erfährt, dass das Radio-Aktivität-Album auf einer geliehenen Achtspurmaschine aufgenommen wurde und Trans Europa Express in den angesagtesten Studios der USA gemischt, die Mischung dann aber doch verworfen wurde, weil sie zu amerikanisch klang. Zu den interessantesten Teilen des Buches gehört das jahrelange Drama um das Electric Cafe-Album. Das begann schon damit, dass die EMI die Platte unabgesprochen angekündigt hatte und daraufhin überstürzt die "Tour de France"-Single veröffentlicht wurde. Dass das Album dann jahrelang nicht fertig wurde, lag daran, dass die Gruppe ihr Equipment auf digitale Technologie umstellte, was einen Umbau nicht nur des Studios bedingte, sondern -- und das war der eigentliche Knackpunkt -- die bis dahin praktizierte Arbeits- und Kompositionsweise unmöglich machte. Diese nämlich beruhte auf unmittelbarer Kommunikation im Studio. Durch die Digitaltechnik war plötzlich jeder der Musiker auf sich selbst bezogen, und die Band fand keinen Weg, damit umzugehen. Es stellte sich heraus, dass Musik nicht zwangsläufig dadurch besser wird, dass man einfach das jeweils modernste Equipment verwendet. Es gibt wichtigere Faktoren, zu denen sie aber den Rückweg nicht mehr fanden.

Karl Bartos verließ die Band während der Arbeit am Mix-Album, weil er schlicht nichts mehr zu tun hatte. Bezeichnend ist das Unverständnis, das ihm dafür von Hütter und Schneider entgegenschlug. Und es spricht für ihn, dass er das Buch nie dazu nutzt, irgendwelche Schmutzwäsche zu waschen, obwohl der Frust nicht selten zwischen den Zeilen steht. Und auch viele Fans nahmen ihm seinen Weggang übel. Das zum Teil wirklich widerliche Bartos-Bashing jedenfalls, das in einigen Kraftwerk-Foren im Internet bis heute losbricht, wenn nur sein Name erwähnt wird, spricht Bände. Aber das ist nur ein Teil der Fans; die meisten wissen seinen Anteil an der Gruppe sehr wohl einzuordnen.

Nach seinem Weggang machte Bartos zunächst die unangenehme Erfahrung, dass etliche Türen, die ihm als Mitglied von Kraftwerk stets geöffnet worden waren, jetzt verschlossen blieben. Es ist interessant zu lesen, wie er sich dann doch irgendwie mit der Situation arrangierte, bis heute. Mehr erfahren hätte ich gern über seine Gastprofessur an der UdK in Berlin, aber da bleibt es bei wenigen Seiten.

Bartos ist kein professioneller Autor, dennoch liest sich das Buch gut und flüssig. Gelegentlich hätte man ihm ein besseres Lektorat gewünscht (falsch geschriebene Namen, gelegentliches überflüssiges Namedropping und die eine oder andere Stilblüte wären so vermeidbar gewesen), aber das ist Kleinkram. Gelegentlich verbleibt die Autobiografie mir ein bisschen zu sehr im rein Beschreibenden, ein bisschen mehr analytische Tiefe hätte an manchen Stellen nicht geschadet. Während die 1999 erschienene Autobiografie von Wolfgang Flür mir über weite Strecken eher "wishful thinking" gewesen zu sein schien, liest man Bartos' Buch aber auf jeden Fall mit Gewinn.

Karl Bartos:
Der Klang der Maschine.

Köln 2017
ISBN 978-3-8479-0617-9


Diese Besprechung erschien zuerst in manafonistas.de



So now we know that in reality this guy's name is Karlheinz. It changed into Karl not before his name was bended into a neon pipe for the Kraftwerk stage. Which is quite understandable: Karl is only half as expensive as Karlheinz.

If that would be all we could learn from the autobiography musician Karl Bartos just presented, 600 pages would be a bit too much. But we can learn several more things. And to avoid wrong expectations, you should see that this is the autobiography of Karl Bartos, not the story of Kraftwerk -- which, of course, takes the major part of the book and, to use his own words, sticks with him like a shadow. But it isn't his whole life.

Karl Bartos, born in Berchtesgaden, Bavaria, grown up in Düsseldorf, now living in Hamburg, is a skilled classical percussionist who played with schlager- and dance bands as well as in an opera orchestra. For his graduation at conservatory, he played Gary Burton's seemingly inconspicious solo composition "The Sunset Bell" -- but when you listen to it carefully, you will surely realize the high level of his vibraphone techniques. Consequently, Kraftwerk was not more than one job among several, until the Kraftwerkers asked him ultimately to be available exclusively for them (nobody could work for Mercedes and BMW, was their argument). They made him an entrepreneur this way who was allowed to have only one customer. But this probably occurred to him much later -- but then even more displeasing because there were no contracts and no clear agreements. Long lasting lawsuits followed immediately then.

But first, Bartos describes his years with Kraftwerk, which include the years from Radio Activity to Electric Cafe. Track by track we learn about they way the band worked, the "writing sessions" and his increasing part in them. He was far more than "just the drummer". Everybody who knows his later solo records is easily able to recognize Bartos' fingerprints in the music of Kraftwerk. Finally he was able to be mentioned as co-composer; later -- which was new to me -- Ralf and Florian ceded a share on the record sales to him.

We learn that the Radio Activity album was recorded on a borrowed 8-track tape recorder and Trans Europe Express was mixed at the hippest studios in the U.S., but the mix was dropped because it sounded too american. One of the most interesting chapters in the book is the long lasting drama of the Electric Cafe album. This started already with the mistake that EMI announced this record without asking Kraftwerk in advance, so the "Tour de France" 45 got a rushed release. The reason that the album got not finished was mainly their decision to change the studio equipment to digital devices. For this reason the whole studio had to be rebuilt, and -- this was the main problem -- the way Kraftwerk used to work and compose didn't work no longer. It was based on direct communication in the studio, but the digital technology set every musician back to only himself, and the band was not able to find a way out of this dilemma. They had to learn that it's not only the latest equipment that makes the music bloom, there are more important criteria, but they didn't find the way back to them. 

Karl Bartos left the band during their work on the Mix album, simply because there was nothing for him to do anymore. Hütter's and Schneider's inability to understand this decision is significant. But it speaks in his favor that he never uses his book to wash his dirty laundry in public, although the frustration sometimes is visible "between the lines". Also a lot of fans held his leaving against him. The sometimes really obnoxious "Bartos bashing" that still today breaks out in some online Kraftwerk forums on the web when only his name is mentioned speaks volumes. But that's only a part of fans. Most of them are well able to rate Karl's part in the group.

After his leaving, Bartos made the unpleasant experience that several doors that were always open for him as member of Kraftwerk now remained shut. It's interesting to read how he was able to come into terms with his new situation, up to the present day. I would have liked to know more about his visiting professorship at the University of Arts (UdK) in Berlin, but he offers not more than a couple of pages about this.

Bartos is not a professional writer, but anyways, the book is well written. Sometimes I would have wished him a better editing (some misspelled names, some useless namedropping, some bloopers could have been avoided this way), but that's not a big thing. Sometimes the autobiography remaines a bit to much in the pure description, a bit more analysis would have been nice. But while Wolfgang Flür's autobiography from 1999 seemed to be more "wishful thinking" that fact, Bartos' book is really worth the read.

Currently the book is available only in German language. Surely an English version will follow soon.


Karl Bartos:
Der Klang der Maschine.

Cologne 2017
ISBN 978-3-8479-0617-9


Sunday, September 10, 2017

Wednesday, September 6, 2017

Holger Czukay 1938-2017



Dear Prof. Holger,
bye bye -- see you later!

Sunday, August 27, 2017

Vagabundenkarawane




Gestern durch Zufall bei Youtube gefunden: Werner Penzels Dokumentarfilm Vagabundenkarawane von 1979  über die achtmonatige Reise der Gruppe EMBRYO mit drei ziemlich schrottreifen Bussen durch Griechenland, Türkei, Iran, Afghanistan, Pakistan und Indien -- der Hippie-Trail im O-Ton sozusagen.

Lange Fahrten auf öden Straßen. Regenzeit. Brennende Sonne. Montezumas Rache. Und eine natürliche Geburt irgendwo am Ende der Straße in Afghanistan, aber auf eine Ärztin möchte man doch lieber nicht verzichten. Dazwischen Auftritte der Band, teils spontan und mit örtlichen Musikern, etwa dem Karnataka College of Percussion, aber auch mit z.B. einem lokalen Zauberer, der zum ersten Mal in seinem Leben auf einer elektrischen Orgel spielt. Andere, offizielle, Auftritte waren in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Goethe-Instituten organisiert.

Ich meine den Film 1979 oder 1980 in seiner Originalfassung im ZDF gesehen zu haben. Es gab ihn zeitweilig auch auf DVD, die aber sehr schnell zu Fantasiepreisen gehandelt wurde. Ich habe den Film deshalb seit damals nicht mehr wiedergesehen -- und nun, zu meiner Überraschung, steht er plötzlich auf Youtube (jetzt mit zeitgemäßem Deppenleerzeichen: "Vagabunden Karawane"), anscheinend sogar auf einem "offiziellen" Kanal, so dass man hoffen darf, dass er dort eine Weile bleiben wird. Der Film ist digital restauriert, dem Ton ist das gut bekommen, dem Bild nicht immer. Hauptproblem allerdings ist die Kürzung: Von den ursprünglich 115 Minuten sind jetzt nur noch 88 übrig. Man hat, wenn mich meine Erinnerung an die ZDF-Ausstrahlung nicht trügt, etliche Reisebilder weggelassen und weitgehend auf die erklärenden Kommentare verzichtet. Die fehlen dem Film jetzt. Man wollte sich offenkundig auf die Musik konzentrieren. Die allerdings, wenn wir mal ehrlich sind, ist nicht immer so mitreißend, dass sie den ganzen Film allein tragen kann. Ab etwa der sechzigsten Minute beginnt sich die Angelegenheit ein wenig zu ziehen.

Aber sehenswert ist die Vagabundenkarawane nach wie vor. Und die Musik dazu gibt es noch immer auf Doppel-LP oder einer leicht gekürzten CD -- einer meiner Langzeitbegleiter auf dem MP3-Player:




(dieser Eintrag wurde zuerst veröffentlicht auf manafonistas.de)

Sunday, July 16, 2017

Kraftwerk: 3-D Catalogue




Acht CDs liegen da vor einem, jede davon verpackt in einem grafisch exzellent gestalteten aufklappbaren Pappcover, und dazu noch ein 16-seitiges Gesamtbooklet.

Ob man so ein Paket braucht, kann nur jeder für sich entscheiden. Was man bekommt: sozusagen The Mix 2, diesmal aber das gesamte Repertoire von Kraftwerk von Autobahn bis Tour de France Soundtracks umfassend. Die Aufnahmen sind angeblich Live-Mitschnitte. Überprüfen lässt sich das nicht, da an keiner Stelle Publikum zu hören ist. Sicher ist lediglich, dass die CDs die Stücke so wiedergeben, wie Kraftwerk sie heute auf der Bühne präsentiert. Es ist nicht ganz unwichtig, das zu betonen, weil Hütter und seine Mitstreiter ihr Repertoire über die Jahre hinweg immer wieder variiert, neu arrangiert und umgestellt haben, und die Unterschiede sind zum Teil beträchtlich. So waren z.B. die "Autobahn"-Motorengeräusche auf dem originalen Album von 1974 synthetisch nachgestellt, was ihren eigentlichen spielerischen Charme ausmachte. Auf der "Autobahn"-Version vom Mix-Album (1991) ging dieser Charme verloren, weil man die Motorengeräusche durch gesampelte Originalklänge ersetzt hatte. Das sieht die Band inzwischen anscheinend selbst so, deswegen sind nun wieder die synthetischen Imitationen da, der Beat allerdings ist der von 1991.

Generell fällt auf, dass gegenüber den Aufnahmen aus der Mix-Ära die Rhythmik verändert wurde und sehr viele Samples aus den Originalaufnahmen integriert wurden, und in fast allen Fällen hat sich das gelohnt. Da etliche der Stücke über die Jahre hinweg kräftig eingekürzt und einige der Tracks zu Medleys zusammengefasst wurden, sind einige der CDs erstaunlich kurz geraten. Autobahn beispielsweise besteht, obwohl alle der ursprünglichen fünf Originaltitel verarbeitet wurden, nur noch aus zwei Tracks und dauert 26 Minuten. Trotzdem ergibt es Sinn, dass jedes Album wieder eine eigene CD ist, denn alle Kraftwerk-Alben waren in sich geschlossene Werke und sollten das auch bleiben.

Es lässt sich schwer sagen (weil subjektive Einschätzung), ob die neuen Fassungen "besser" oder "schlechter" als die Originale sind. Klanglich sind sie kristallklar und streckenweise im Bassbereich durchschlagend. Manche Tracks sind mir ein bisschen zu kirmeshaft geraten, andere erinnern an den Alleinunterhalter auf Hochzeitsfeiern, andere sind sehr gelungen. Ich für meinen Teil würde in den Fällen Autobahn, Radio-Aktivität, Trans Europa Express und Computerwelt die Originale bevorzugen, in anderen Fällen hält es sich die Waage; im Fall Tour de France Soundtracks hat die neue Version sogar deutlich gegenüber dem Originalalbum von 2003 gewonnen.

Besonders interessant ist die CD 7, die das Repertoire des Mix-Albums plus die "Planet of Visions"-Single enthält. Diese Scheibe ist nämlich in Headphone-3D abgemischt. Dass Kraftwerk live oftmals mit dem Wellenfeldsynthese-Verfahren arbeitet und dadurch ein Klangerlebnis bietet, dass das Publikum von allen Seiten mit 32 Tonkanälen einschließt, wird mit diesem Verfahren für ganz normale Kopfhörer simuliert. Das erinnert ein bisschen an Kunstkopf-Stereophonie, wie sie etwa Can oder Tangerine Dream schon in den 70er Jahren geboten haben, beruht nun allerdings auf einer elektronischen Simulation des Kunstkopfes. Das funktioniert tatsächlich, klingt im Kopfhörer sehr gut, über Lautsprecher allerdings funktioniert es nicht vernünftig (wie damals schon Kunstkopfaufnahmen).

Die ersten drei Alben sind nicht dabei; Ralf Hütter hat irgendwann mal entschieden, dass er sie nicht zum gültigen Repertoire rechnen möchte. (Wie ich aus gewöhnlich gut informierten Kreisen höre, sind die ersten drei Alben bereits remastert und sollen als 2-CD-Box mit viel grafischem Material veröffentlicht werden, aber keiner weiß, wann. Und ob überhaupt.) Über diese Entscheidung kann man streiten. Ich finde ja, dass Autobahn noch deutlich dichter an Ralf & Florian anknüpft als an, sagen wir: Trans Europa Express, aber Hütter hat das so entschieden. Er hat sich offenkundig in die 12345678-Idee verliebt, und da er uns nichts schuldig ist, kann man das nur akzeptieren oder nicht. Deswegen übrigens glaube ich an kein neues Kraftwerk-Album mehr; eine 9 würde nicht mehr ins Konzept passen. Satt dessen hat sich Hütter für eine Art Never-ending-Tournee entschieden und uns davon jetzt eine Ansichtskarte geschickt -- auch nicht schlecht. Immerhin jedenfalls sind die Konzerte innerhalb von Minuten ausverkauft, und die Besucher sind durchweg begeistert, also macht er offenbar irgendetwas richtig.

Es ist noch darauf hinzuweisen, dass es dieses Paket auch auf Vinyl gibt. Außerdem gibt es das Gesamtpaket als 3D-Blue-Ray mit entsprechendem Sound, und alle, die das Ding in meinem Umfeld bisher gehört bzw. gesehen haben, sind begeistert. Ich kann dazu mangels entsprechender Anlage nichts sagen.


(Sorry, no English translation this time. Dieser Beitrag erschien zuerst bei manafonistas.de)

Monday, June 26, 2017

AT 04: Biotop




 

Biotop, 1981 auf dem Hamburger Sky-Label erschienen, war mein Erstkontakt mit der Musik Asmus Tietchens‘. Kaufimpuls war nicht nur Sky (dieses Label war immer der Aufmerksamkeit wert, weil sein Boss Günter Körber ganz offenkundig nur Platten machte, die er sich selber gern anhörte), sondern ein Interview von Steve B. Peinemann mit Asmus Tietchens in dem damals noch lesenswerten Stadtmagazin „Szene Hamburg“. In diesem erzählte Tietchens unter anderem, einen Sarg unter dem Wohnzimmertisch stehen zu haben, dass er einmal Werbetexter gewesen war und woher der Titel „Geisel des Monats“ kam — Geiselnahmen waren damals gerade eine Modeerscheinung und mediales Dauerthema.

Biotop ist die erste von insgesamt vier Platten, die innerhalb von nur zwei Jahren auf dem Sky-Label erschienen. Peter Baumann, der Tietchens‘ Erstling Nachtstücke produziert und beim französischen Egg/Barclay-Label untergebracht hatte, nahm seine Option auf ein weiteres Album nicht wahr, und so landete Tietchens durch seine Freundschaft mit der Gruppe Cluster bei Sky. Diese vier Platten bilden im Werk Tietchens‘ fast so etwas wie eine eigenständige Werkgruppe. „Industrial“ im späteren Sinne gab es noch nicht, und Tietchens experimentierte mit rhythmisch orientierten, melodiösen Stücken, die man schon beinahe Popmusik nennen könnte — wären da nicht Tietchens‘ sarkastischer, gelegentlich sardonischer Humor, der die Stücke immer im letzten Moment davor bewahrt, es zu werden, und die Harmonien, die immer irgendwo haken. Dieser Humor zeigt sich schon im schreiend tageslichtleuchtenden Cover (Grafik: Tina Tuschemess) und dem komplett gegensätzlichen Titel, er setzt sich fort in der „Band“, dem Zeitzeichenorchester, das sich ausschließlich aus Anagrammen des Orchesterleiters zusammensetzt, und einzig ein gewisser Rokko Ekbek passt nicht in die Reihe — grübel, grübel.

Die Aufnahmen, das scheint mir nicht ganz unwichtig zu sein, entstanden vor dem Kontakt mit Körber, sie sind also ohne Produktionsdruck, aber auch ohne die Gewissheit einer Veröffentlichung, eingespielt worden. Das dominierende Instrument ist ein Roland-CompuRhythm, ein programmierbares Rhythmusgerät, der damals sehr beliebte Vorläufer der TR-808, die dann durch Phil Collins zu Weltruhm kam. Das Melodieinstrument ist ein Moog Sonic-Six, der auch später immer wieder bei Tietchens auftaucht. Das Ganze ist auf acht Spuren aufgenommen, ein Eventide-Harmonizer und ein Hallgerät kommen ergänzend zum Einsatz. Das ist schon alles. Kein Stück ist länger als drei Minuten. Auf der usprünglichen Original-LP lief das letzte Stück auf Seite 2 in einer bespielten Endlosrille aus, auf der späteren CD-Veröffentlichung ist es ausgeblendet. Außerdem findet sich handschriftlich ins Deadwax gekratzt der Hinweis „Urbane Musik!“

Körber hatte geäußert: „Wenn das irgendwie erfolgreich ist, können wir gleich ’n halbes Jahr später ’ne weitere LP machen. “ Das wurde dann Spät-Europa. Dazu demnächst mehr in [AT06].

Asmus Tietchens: Biotop Sky Records – 057 (1981) Wiederveröffentlichung mit Bonustracks (zu diesen später mehr): Die Stadt – DS 61 (2003) Wiederveröffentlichung ohne Bonustracks: Bureau B – BB 141 (2013)

Monday, May 29, 2017

Grüne 1987



Ein Ausschnitt aus dem Parteiprogramm der Grünen aus dem Jahr 1987. Wer es nicht mehr erinnert: "IuK-Techniken" (sie meinen "Technologien", aber lassen wir das mal beiseite) steht für "Informations- und Kommunikationstechnologien", damals im Vor-Internetzeitalter das Schlagwort für alles, was mit Computern und Digitalisierung zu tun hatte.

Man fragt sich, was die Grünen damals unter "nicht-technologischen Alternativen" verstanden haben. Trommeln? Treppenhaustratsch? Flurfunk? Rauchzeichen?

Ich erinnere dunkel, dass mir bei einem Besuch des Abgeordnetenhochhauses Ende der 1980er Jahre (damals noch in Bonn) an einigen Türen von Grünen-Büros der Aufkleber "In diesem Büro gibt es keine Computer" aufgefallen ist. Sehr beruhigend, schon damals.

Sunday, April 30, 2017

Pittsburgh Symphony Orchestra



Anton Bruckner: Symphony No. 8

Pittsburgh Symphony Orchestra
Manfred Honeck, conductor

Pittsburgh, Heinz Hall, April 30, 2017

Saturday, April 29, 2017

AT 03: Drei Nebenprodukte

 



1977, lange bevor Asmus Tietchens seine erste Soloplatte veröffentlichte, ereilte ihn ein Notruf von Hans-Joachim Roedelius. Dieser stand mit Dieter Moebius im Studio und hatte bei Conny Plank für das Album Cluster & Eno 30 Minuten Musik mit Brian Eno eingespielt. Der allerdings musste sich dann nach England verabschieden. Weil aber 30 Minuten zu wenig für ein Album sind, andererseits der Termin fürs Schneiden der Plattenmatritze schon gebucht war, musste flugs noch ein weiteres Stück her. Das spielten dann Asmus Tietchens und Okko Bekker in Okkos Audiplex-Studio ein, sechseinhalb Minuten lang und „One“ betitelt. Zu hören sind Gitarre, präpariertes Klavier und Sitar. Weder Eno noch Roedelius oder Moebius sind an dem Stück beteiligt. Interessanterweise fand Manfred Gillig seinerzeit in seiner Albumrezension in der „Sounds“, mit seinen „orientalisch gefärbten Sitar- und Perkussionsklängen“ beziehe das Stück „schon eher Stellung“ [als der Rest der LP] und erinnere an Enos Another Green World. Kann man so sehen, obwohl es sich nach meinem Dafürhalten sehr gut in den Rest des Albums einfügt, das ich im übrigen bis heute sehr liebe.


 



 
Liliental, aufgenommen 1976, veröffentlicht 1978, ist keine Band, sondern eher ein Zufallsprodukt. Tietchens findet die Platte nicht wichtig, aber sie ist seine erste Äußerung als Musiker, die auf einem Tonträger erschienen ist. Eigentlich sollte dies eine Soloplatte von Dieter Moebius werden, der allerdings dann Tietchens und Bekker einlud, daran mitzuwirken. Die Möglichkeit, eine Woche lang umsonst Connys Studio zu nutzen, ließen sich die beiden nicht entgehen, und durch Zufall — wegen einer Kraan-Produktion — fanden sich dort noch Bassgitarrist Hellmut Hattler und Saxophonist Johannes „Alto“ Pappert ein. Conny Plank selbst griff zur Gitarre, und so entstand dieses Album, mehr oder weniger aus Sessionsituationen heraus. Tietchens, Bekker, Moebius und Plank sind auf allen sechs Tracks zu hören, Hattler auf den Stücken der Seite 1, Pappert auf den Stücken der Seite 2.

Das Album schwankt zwischen Experiment und Unterhaltung, ist in jedem Fall angenehm zu hören und gilt heute als eine Art Krautrock-Geheimtipp.


 




Letzteres kann man von der Cripple Story bei allem guten Willen nicht sagen. Aufgenommen wohl 1967, wurde die Story 1985 als EP mit dem Untertitel „Ein Streichquartett“ als Privatpressung mit einer Auflage von drei Exemplaren veröffentlicht. Zu hören sind E-Bass, E-Gitarre, Geige und Balalaika, sämtlich mit dem Bogen malträtiert. Vier Tracks, der letzte ist eine Veralberung der deutschen Nationalhymne, gewidmet ist das Ganze Rolf Zander, Tietchens‘ und Bekkers Musiklehrer am Kaifu-Gymnasium.


„Kaifu“ steht für „Kaiser-Friedrich-Ufer“, eine Straße in Hamburg-Eimsbüttel, an der sich das gleichnamige Gymnasium befindet. Tietchens und Bekker gingen dort zur Schule. Ich kenne das Gebäude auch gut, ich musste jeden Morgen dort vorbei zum benachbarten Bismarck-Gymnasium. Und wer will, kann das ehrwürdige Bauwerk auch in dem bahnbrechenden Filmdrama „Zur Hölle mit den Paukern“ von 1967 (Teil 1 der Septologie „Die Lümmel von der ersten Bank“) in Augenschein nehmen. Die Cripple Story legt beredtes Zeugnis von der anregenden Atmosphäre dieses Instituts ab und wird neben den Werken György Ligetis und Dieter Bohlens seinen sicheren Platz in der Musikgeschichte finden.

 

Cluster & Eno 1977, Sky Records 010
Liliental 1978, Brain Records 0060.117
Cripple Story
1985, Aurecs 001, heute enthalten auf dem Album „Adventures in Sound“

Sunday, April 2, 2017

Bryan Ferry




Pittsburgh, Heinz Hall, April 1, 2017


Man könnte diesen Mann im Schlafanzug auf die Bühne stellen, und er hätte immer noch Stil. Ein bisschen kurzatmig ist er ja geworden, der gute Bryan, und die ganz hohen Töne übernehmen inzwischen Backup-Sängerin und -Sänger, aber was soll’s. Der ehemalige Roxy-Music-Sänger ist 71, da ist das nun mal so. Aber was er und seine achtköpfige Band da gestern abend in Pittsburghs Heinz Hall auf die Bühne stellten, das war beachtlich. Chris Spedding an der Gitarre, der allerdings meist dem jüngeren Gitarristen Jacob Quistgaard aus Dänemark das Feld überließ. Der wahre Show-Act allerdings war die australische Saxofonistin Jorja Chalmers, die wirkte wie unmittelbar aus einem film noir aus der Leinwand gesprungen.

Geboten wurden „Greatest Hits“. Ein paar ältere und neuere Ferry-Klassiker („Slave to Love“, „Bête Noir“ und andere), doch dreiviertel der Setlist stammte aus Roxy-Music-Zeiten. Offenkundig hat sich Ferry damit abgefunden, dass dies die Songs sind, die das Publikum hören möchte, und er bringt sie gut. „Ladytron“, „Bitter Sweet“, „Love is the Drug“, „Re-make / Re-model“, „More Than This“, „Avalon“ – alles war dabei, und nichts wirkte angestaubt, trotz der etwas einfallslosen Lightshow, bei der sogar die gute alte Spiegelkugel exhumiert wurde. Besonders bemerkenswert im übrigen das Instrumental „Tara“, das allen Bandmitgliedern Gelegenheit zum Solieren gab (und dem Sänger ein "pee break", wie die Amerikaner das nennen, wenn der Star während der Show kurz von der Bühne verschwindet), und eine Coverversion von Neil Youngs „Like a Hurricane“.

Tja, und dann passierte es: Mitten in „Virginia Plain“, als schon längst alle Besucher in den Sitzreihen standen, hauchte mit einem schrillen Pfeifton die PA ihr Leben aus und ließ sich nicht mehr reanimieren. Nach zehn Minuten Ratlosigkeit erschien die Violinistin der Band, Marina Moore, auf der Bühne und spielte – unverstärkt und solo – ein paar Minuten lang ein Werk, das eine der Soloviolin-Partiten von Bach gewesen sein könnte. Danach erschien noch einmal kurz Bryan Ferry, sagte über die Hausanlage irgendetwas, das niemand verstand, aber sein Abschiedswink war eindeutig. Der Setlist nach verpassten wir noch „Let’s Stick Together“, „Jealous Guy“ und „Editions of You“.


Das Publikum nahm’s gelassen. Was blieb auch anderes übrig.



(Dieser Beitrag erschien zuerst bei manafonistas.de)

Here the review by Scott Mervis, Pittsburgh Post-Gazette.

Wednesday, March 22, 2017

Fundstück / Find



Gerade durch Zufall wiederentdeckt: Lakmés und Mallikas "Blumenduett" (aus der Oper Lakmé von Léo Delibes). Als ich 1993 mit Medienwelten durch Buchhandlungen tourte, habe ich meine Lesung jedesmal mit dieser Computeranimation beendet. Hat immer funktioniert.

Just rediscovered by chance: Lakmé's and Mallika's "Flower Duet" (from opera Lakmé by Léo Delibes). When in 1993 I toured bookstores with Medienwelten (Worlds of Media), I always finished my reading with this computer animation. It always worked.

Saturday, March 18, 2017

AT 02: Nachtstücke

 


 
Die französische Plattenfirma Barclay hatte Peter Baumann (von Tangerine Dream) und seiner Firma Paragon Productions 1978 den Auftrag erteilt, für ihr Sublabel Egg drei deutsche Elektronik-Acts zu produzieren. Asmus Tietchens‘ Album Nachtstücke wurde eines davon.
Es war wohl nicht ganz das, was sich die Franzosen vorgestellt hatten. So zog sich die Veröffentlichung der Platte bis 1980 hin, und die Auflage war mit 800 Stück auch eher zurückhaltend kalkuliert. Die Musik war die Quintessenz der völlig freien Basteleien mit einem Moog Sonic Six und einem Minimoog, die Tietchens in den Jahren davor ohne jede Veröffentlichungsabsicht eingespielt hatte.

Nachtstücke ist Asmus Tietchens‘ erste Soloplatte (vorher hatte er bereits an Cluster & Eno von 1977 und Liliental von 1978 mitgewirkt, die gesondert zu besprechen sein werden). Die Klänge stammen vom Moog Sonic Six, irgendwo meine ich auch ein Mellotron herauszuhören. Ein noch recht unentschlossenes Werk, das ein wenig verloren in der Landschaft steht. Klanglich sind die neun Stücke recht unauffällig gehalten; eher sind sie Versuche, mit einfachen Melodien zu spielen, die auf zum Teil recht grimmige Hintergründe gepappt sind. Damit ist Nachtstücke auch ein Vorläufer der vier zwischen 1981 und 1983 bei Sky erschienenen Platten, die dann fast so etwas wie eine eigenständige Werkgruppe bilden werden. Eine vergleichbar melodienorientierte Vorgehensweise taucht dann erst Ende der 80er wieder auf, als Tietchens den Fairlight entdeckte.
Einige Stücke sind von der Plattenfirma eigenmächtig gekürzt worden, das Cover ist nicht mit Tietchens abgesprochen. Auch mit Peter Baumann hat es keine weitere Zusammenarbeit mehr gegeben.

Asmus Tietchens: Nachtstücke Barclay/Egg 91.040 (1980) Re-release in der von Tietchens ursprünglich beabsichtigten Fassung mit vier Bonustracks auf Die Stadt DS 55 (2003)