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Sunday, April 14, 2024

Stimme im Orbit

Denken wir lieber nicht allzu lange darüber nach, was geschehen musste, damit eine Knabenstimme nicht durch den Eintritt der Pubertät zerstört wurde. Filippo Balatri fällt einem ein, oder der wohl berühmteste, Farinelli. In den 1500er Jahren zogen entsprechend behandelte Sänger in die Musik ein. Der Klang dieser Stimmen muss absolut faszinierend gewesen sein.

Ersatzweise bleibt es heute beim Falsett, auch Countertenor genannt. Der Klang erreicht mit Sicherheit nicht die fast mystische Qualität, die die tatsächlichen Kastraten auf die Bühne bringen konnten, aber ungewöhnlich genug ist diese Stimmlage noch immer — nicht nur in der Alten Musik, auch die Popmusik macht sich die Falsettstimme immer wieder zunutze. Die Schellackscheibe „Irgendwo auf der Welt“ mit den Comedian Harmonists war die erste, bei der mir ein Countertenor bewusst auffiel; er müsste wohl Harry Frommermann gewesen sein (selbst bezeichnete er sich als Buffo-Tenor). Dann waren da natürlich später die Beach Boys, deren Gesangsharmonien ohne Falsett überhaupt nicht vorstellbar wären. Als ich zum ersten Mal die Sparks hörte („This Town Ain’t Big Enough For Both Of Us“), glaubte ich tatsächlich, eine Sängerin zu hören — bis ich las, dass sie Russell Mael heißt.

Und in den 1980er Jahren gab es da jemanden, der den Countertenorgesang in den Mittelpunkt stellte. Sein Name war Klaus Nomi, und pünktlich zu seinem 80. Geburtstag hat Monika Hempel eine Biografie über diesen Sänger veröffentlicht:



Richtig hieß er Klaus Sperber, er stammte aus Immenstadt im Allgäu, und 80 ist er leider nicht geworden. Der Name „Nomi“ geht wohl zurück auf ein Spiel mit dem Wort „Omni“, einem Datenübertragungsmodus zwischen Synthesizern. Klaus Nomi war ein nicht komplett zu Ende ausgebildeter klassischer Countertenor, was dazu führte, dass er in Deutschland keine Stelle in einem Opernensemble fand — ohne Notenkenntnisse kann man dort nichts werden, obwohl er so ziemlich alle in Frage kommenden Partien draufhatte. Abgelauscht von Platten, war Maria Callas seine Initiation. Diese Art von Pathos machte er sich einerseits zu eigen, verband dies aber mit Kostümierungen und Masken, die auf japanische Kabuki-Kunst, aber auch auf den Expressionismus der 1920er Jahre zurückging. Aber auch ein simpler Klarsicht-Regenmantel diente als Kostüm und erfüllte seinen Zweck, spacig auszusehen.

Dass er teils unbeabsichtigt, teils aber auch bewusst mit einem überzogenen deutschen Akzent arbeitete, machte ihn in New York zu einer Erscheinung, die über kurz oder lang wahrgenommen werden musste. Geglückt ist ihm das leider nur in einem relativ kleinen Kreis, insbesondere in New Yorker Cabarets. Es gelang ihm aber, keinen Geringeren als David Bowie auf sich aufmerksam zu machen, der ihn als Backup-Sänger für einen Auftritt in der Sendung „Saturday Night Live“ anheuerte. Klaus Nomi gehörte dann zu jenen Künstlern, die erst auf dem Umweg über New York Erfolge in Deutschland einheimsen konnten. Dabei war das nicht einfach, denn nicht nur war er einem offenbar grottenschlechten Management in die Hände gefallen, sondern er war auch illegal in den USA, während sein deutscher Pass abgelaufen war. Er konnte also nicht legal nach Deutschland zurückreisen. Er löste dieses Problem „klassisch illegal“ durch eine Pro-Forma-Heirat, die ihm eine Greencard einbrachte.

Monika Hempel schildert alle diese Karriereschritt sorgfältig recherchiert, gut lesbar und sachlich geschrieben in ihrem Buch. Dabei räumt sie mit so manchem Märchen und schlecht recherchierter Falschinformation auf und macht Lust darauf, Nomis Platten wieder auszugraben oder den Streamingdienst des Vertrauens zu befragen. Es ist nur leider nicht viel, was man da finden kann, denn tatsächlich hat Nomi zu Lebzeiten nur zwei Alben machen können. Und obwohl diese immerhin in den Electric-Lady-Studios produziert wurden, hört man ihnen an, dass sie nicht viel kosten durften.

Nomi gehörte zu den ersten, die sich eine Aids-Erkrankung zuzogen — und das bedeutete in den frühen 1980ern das Todesurteil. Das hat sich heute geändert, aber wer sich an diese Zeit noch erinnern kann, weiß, was das hieß, umso mehr, wenn er einen solchen Fall in seinem persönlichen Umfeld miterleben musste. Da kommen verdrängte Erinnerungen unvermeidlich wieder hoch. Und während die Autorin die Lebensbedingungen Homosexueller in jenen Jahren erfreulich sachlich schildert, erspart sie uns von dieser Krankheitsphase nichts, insbesondere nicht die Reaktionen der Umwelt — da wurde in so mancher Familie oder WG das Essgeschirr in den Müll geworfen, kaum, dass der Aidskranke gegangen war. Man erinnert sich an die oft schwachsinnige Berichterstattung in den Medien und an solche Begriffe wie „Schwulenkrebs“. Da trägt es die Autorin gelegentlich ein bisschen davon. Aber es ist letztlich doch gut, wieder einmal daran erinnert zu werden, wie harter Tobak das damals wirklich war. Interessant nebenbei (was ich bis jetzt nicht wusste): Nomis Arzt- und Krankenhauskosten, die zu astronomischer Höhe aufgelaufen waren, konnte er selbstverständlich nicht begleichen; reich ist er mit seiner Kunst nie geworden. Die Kosten hat stillschweigend David Bowie übernommen.

Im deutschen Fernsehen erschien Klaus Nomi erstmalig bei Thomas Gottschalk in der Sendung „Na sowas!“ Ich meine mich auch an eine „Bios Bahnhof“-Ausgabe zu erinnern, in der er auftrat, bin mir da aber nicht mehr ganz sicher. Mit Sicherheit aber erschien Klaus Nomi in einer „Klassik-Rock-Nacht“ des Bayerischen Rundfunks, in der er mit Orchesterbegleitung unter Leitung von Eberhard Schoener Purcells „What Power Art Thou (Cold Song)“ singt, eine seiner Glanznummern, bei der er seinen Gesang optimal zur Geltung bringen konnte — und man sieht ihm an, wie angeschlagen er zu diesem Zeitpunkt bereits war. Die Halskrause diente dem Verdecken der typischen Kaposi-Sarcoma-Flecken, und die Showtreppe zu erklimmen fiel ihm offenkundig bereits schwer. Wenn man das weiß, ist dieser Auftritt schwer auszuhalten, aber er zeigt, wie unmittelbar Nomi sein Publikum fesseln konnte. Eberhard Schoener ehrte Nomi 1996 mit einer Kurzoper: „Cold Genius“. Klaus Nomi verstarb 1983 in New York.

Das Buch umfasst rund 280 Seiten inklusive einer teils farbigen Fotostrecke, einer Werkliste und genauen Quellenangaben und ist unbedingt lesenswert als eine Erinnerung an einen großartigen, leider unvollendet gebliebenen Künstler; gerade auch, da es sonst außer einem Dokumentarfilm von 2005 („The Nomi Song“ von Andrew Horn, durchaus sehenswert) nicht viel Material über Nomi gibt.

Monika Hempel:
Klaus Nomi — Stimme im Orbit
Verlag Andreas Reiffer 2024
ISBN 978-3-910335-44-8

Saturday, March 30, 2024

Vorstehende Bühnenkraft

 


Diese „vorstehende Bühnenkraft“ war ein gewisser John Lennon, eingestellt als „musician“ von einer „Manfred Weissleder KG“ in Hamburg-Altona. Später erfahren wir anhand des Bon-Buches, dass jener John gern mal einen Weinbrand zu sich nahm, während sein Mitstreiter Paul McCartney Fanta bevorzugte.

Es ist klar, hier geht es um den „Star-Club“. Es geht um die Frühzeit der Beatles in Hamburgs Rotlichtbezirk St. Pauli, wo sie, wie John zu sagen pflegte, „erwachsen geworden sind“.

Zunächst aber verrät das Buch des Musikjournalisten und Beatles-Kenners Nicola Bardola und dem langjährigen Betreiber des Rockmuseums im Münchner Olympiaturm, Herbert Hauke, wie sie in den Besitz zweier abgegriffener Leitz-Ordner gekommen sind: Ein anonym bleiben wollender Spender vertraute sie Hauke wie in einem Spionageroman nach vorsichtigen Vorgesprächen bei einem Treff an einer Autobahnraststätte an. Hauke wurde allerdings erst wirklich wach, als er beim oberflächlichen Durchblättern das Logo des Hamburger Star-Clubs entdeckte. Und dann ging es Schlag auf Schlag. Die Ordner enthielten unglaubliche Schätzchen, von Taxiquittungen bis zu Künstlerverträgen, von hingekritzelten Notizzetteln bis zu Briefen an die „Bravo“-Redaktion. Horst Fascher, damals sogenannter „Booker“ und „Manager“ im Star-Club, dem Hauke die Ordner vorlegte, sagte dazu nur: „Steck das mal wieder weg, Junge. Das ist sehr, sehr viel Geld wert.“

Recht hat er. Und weil dieses gesammelte Material wirklich einmalig ist, gibt es das jetzt als großformatiges Buch. Und es sind nicht nur die Namen, die hier auftauchen, es ist die Perspektive, die den Reiz ausmacht. Natürlich weiß man es im Hinterkopf, aber hier kann man Seite für Seite konkret sehen, wie eine Legende wie der Star-Club hinter den Kulissen funktionierte. Auf der einen Seite steht das oft entfesselte Publikum, auf der anderen Seite existiert für jeden Doppelkorn ein handgeschriebener Buchungsbeleg zuzüglich 10% Bedienungszuschlag und inklusive Steueranteil. Die Weinkarte zeigt Liebfrauenmilch und Kröver Nacktarsch (was sonst), und ich habe sie sofort wiedererkannt, die schmalen Schreibblöcke mit der „Niebuhr“-Reklame, auf denen die Kellner die Bestellungen aufnahmen — ich hatte als Kind wohl ein halbes Dutzend dieser Dinger, die vermutlich mein Vater mal aus seiner Stammkneipe mitgebracht hatte. Mit Stempel und Unterschrift wurden die Taxiquittungen für den Transport der englischen Musiker zum Check bei der Fremdenpolizei (ja, die gab es damals noch) ebenso wie die ausgezahlten Gagen abgerechnet — Bill Haley dürfte mit 17.000 Mark der Rekordhalter sein. Und er trat nicht allein auf: Nicht weniger als elf weitere Bands spielten an dem Abend.

 


 

Star-Club-Boss Manfred Weissleder war äußerst gewissenhaft, was die Buchführung anging, die Gagen, die er zahlte, waren meist fair, er wusste aber auch genau, wo Geld zu holen war. Die Kellner waren „angehalten, auf den Pfennig abzurechnen“ und „sofort zu kassieren“, der Hausfotograf Günter Zint hatte 60 Mark im Monat zu zahlen, weil er einen der Schaukästen im Eingangsbereich nutzte, um seine Fotos zum Kauf anzubieten, und selbst die Toiletten waren vermietet; Frau Andresen hatte dafür 650 Mark im Monat hinzublättern. Und als die Beatles auf dem Hamburger Fischmarkt aus Jux ein lebendiges Schwein gekauft hatten, das sie durch die Straßen St. Paulis jagten, musste schlussendlich Horst Fascher sie vom Polizeirevier abholen — die 750 Mark Strafe zog ihnen Weissleder von der Gage ab. Hätte man dies alles damals schon elektronisch gemacht, wir würden heute nichts mehr davon wissen.

Wir erfahren auch, was vorher war: Bilder aus dem Liverpooler Cavern Club sind dabei, die Geschichten Pete Bests und Stu Sutcliffs, und nach der Star-Club-Ära geht es weiter bis zur Ordensverleihung durch die Queen. Auch die Fotografin Astrid Kirchherr wird nicht vergessen. Was wir nicht erfahren, ist das nicht so ganz erfreuliche weitere Schicksal Manfred Weissleders, der hier irgendwie verschwindet. Er wurde nur 52. Aber gut, dies ist kein Buch speziell über den Star-Club, sondern über die Beatles. Es ist ein rundum pures Lesevergnügen; auch hält sich der Text angenehm zurück von allzu nostalgischer Anekdotenhaftigkeit. Einziger kleiner Haken: Etliche der gezeigten Faksimiles sind so weit verkleinert, dass man im Grunde eine Lupe braucht, um sie noch lesen zu können, aber die Fülle des präsentierten Materials lässt keine andere Lösung zu.

 


 

Nicola Bardola & Herbert Hauke:
Vom Bambi-Kino in den Buckingham-Palast
Unveröffentlichtes, Raritäten und Stories aus der frühen Beatles-Ära
Verlag Andreas Reiffer, ISBN 978-3-910335-60-8
240 Seiten, 40 Euro

 

Thursday, March 21, 2024

Can: Live in Paris 1973

 

 

Nach gleichartigen Veröffentlichungen aus Stuttgart, Brighton und Cuxhaven mit Can in Viererbesetzung, die aus der zweiten Hälfte der 1970er Jahre stammen, kommt hier nun ein Livemitschnitt von 1973 -- zu fünft, denn dies war einer von Damo Suzukis letzten Auftritten mit Can.

Wie schon die anderen drei Alben basiert auch Live in Paris 1973 auf ursprünglich illegal mitgeschnittenen Bootlegs, die von Fans zur Verfügung gestellt und von Irmin Schmidt und René Tinner sorgfältig restauriert und optimiert wurden. Die Tonqualität ist verblüffend gut; zu bemängeln wäre höchstens, dass die Aufnahmen in mono sind, aber das kann angesichts ihrer Quellen nicht anders sein. Man vergisst das beim Hören sehr schnell.

Wenn es um Liveaufnahmen von Can geht, ist oft Vorsicht angesagt. Denn über weite Strecken wurde auf der Bühne improvisiert, und bis die Band ihren Stiefel gefunden hatte, das konnte dauern. Wenn sie ihn dann aber hatte, dann konnte pure Magie passieren. Und das ist auf dieser Platte eingefangen.

Gleich der erste Track mit einer Spieldauer von 36 Minuten ist ein Erlebnis. Aus dem, was die fünf hier fast beiläufig präsentieren, hätten andere Bands drei komplette LPs gemacht, bei Can dienen die Ideen einfach nur dazu, weiterentwickelt zu werden. Es ist wie Fahrradfahren: Wer stehenbleibt, fällt um. Die Magie Cans beruht nicht zuletzt darauf, dass jede noch so verrückt scheinende Idee, jede Phrase, jede Floskel, die einem der Musiker einfällt, mit Sicherheit von einem der anderen aufgenommen und weitergesponnen wird. Immer konnte sich jeder darauf verlassen, dass keiner der anderen etwa "He, was soll denn das jetzt?" sagen würde, sondern der Ball wurde weitergekickt. Dabei mussten keineswegs immer alle gleichzeitig spielen; Zuhören und Abwarten konnte genauso ein Beitrag zum Gesamtergebnis sein. Dieser Track Eins zeigt das mustergültig. Michael Karoli an der Gitarre hört man hier mit einem Höhenflug, wie man ihn selbst bei ihm selten erlebt hat.

Die anderen vier Tracks sind kürzer und -- was bei Can-Konzerten keineswegs selbstverständlich war -- beruhen auf sofort erkennbaren Tracks der Studioalben bzw. der B-Seite der "Spoon"-Single; "Shikako Maru Ten" hieß das Stück, eine ausgedehnte Impro-Version von "Spoon" gibt es dann als Track Drei. Lediglich den Ursprung des Tracks Vier kann ich nicht unterbringen, obwohl er mir vertraut vorkommt; der auf die Dauer ein wenig zerfahren wirkende Track Fünf hat dann eindeutig "Vitamin C" zur Grundlage. Dass dieser Track nach 13 Minuten plötzlich abreißt, zeigt die Herkunft des Mitschnitts: Offenkundig war da bei dem bootleggenden Fan die Cassette zu Ende. Da hätte man vielleicht auch ein Fadeout einsetzen können, aber man hat sich dafür entschieden, den Hörer aus der Kurve fliegen zu lassen. Hat auch seinen Reiz.

Von den bisher erschienenen Alben der "Live"-Reihe ist Live in Paris 1973 ganz sicher das stärkste. Einmal mehr wird wieder deutlich, weshalb Can musikalisch so gut wie unangreifbar war.

Saturday, March 9, 2024

Wüste

 

 

Zwei offenbar in Stein gehauene Gesetze des Filmgeschäfts trage ich seit Urzeiten mit mir herum:

  1. Teil 2 ist immer schlechter als Teil 1.
  2. Was ein Film über zwei Stunden dauert, ist zu viel.

Beides hat sich gestern in Pittsburghs "Manor" wieder einmal bestätigt; ich kann's nicht ändern. Ich gestehe, vor allem deshalb ins Kino gegangen zu sein, weil ich als bekennender Hans-Zimmer-Fan in erster Linie seine Musik zu Dune: Part Two in voller Multikanal-Pracht im Kino hören wollte. Zudem habe ich Dune: Part One durchaus gern gesehen. Der hatte seine Logik und war auch optisch ansprechend.

Seinerzeit beim ersten Dune-Film kannte ich die Musik schon, bevor ich den Film gesehen habe, und ich konnte nicht recht etwas mit ihr anfangen. Das änderte sich erst, nachdem ich den Film sah. Zimmers Musik gehört, gerade mit ihren fremdartigen, zum Teil verstörenden Sounds, zu seinen stärksten Werken der letzten Jahre. Aber ich musste den Film sehen, um sie zu verstehen. Nun gut, das ist ja auch eigentlich die Aufgabe eines Soundtracks; er ist ja ursprünglich nicht für die Wiedergabe ohne den Film gedacht. Dass Zimmer gern mal Musik und Sounddesign miteinander mischt, kennt man spätestens seit Inception, und auch hier machte er davon sehr effektiven Gebrauch.

Zimmers Musik zu Dune: Part Two ist noch stärker verwoben mit dem gesamten Sounddesign des Films als im ersten Teil, wenngleich bestimmte, sofort wiedererkennbare Schlüsselklänge und -motive wieder auftauchen. Trotzdem wirkt sie weniger eindrucksvoll, sondern eher wie eine über den Film gespannte Kopie.

Der Film selbst ist natürlich -- das weiß man eigentlich vorher -- eine Sauce aus verquaster Mystik, gemixt mit Elementen aus Mantel-und-Degen-Filmen, Sandalenfilmen und Zukunftsschmonzetten. Frank Herberts Roman gibt es so vor, wobei das Verblüffende ist, wie hochentwickelte Technologie verquickt wird mit seltsam archaisch anmutenden Schwerter- und Dolchkampfszenen und anderen seltsamen Ritualen, die von den Darstellern mit einem Ernst zelebriert werden, dass man fast schon schmuzeln möchte. Auch mit kriegerischen, lautstark donnernden Massenaufmärschen ist der Film überfrachtet.

Ich kann mich erinnern, dass ich den Roman Anfang der 1980er gelesen habe und er mich schon damals nicht überzeugt hat. Wenn ich das laut sagte, wurde mir oft entgegengebracht: "Ja, aber da sind ja auch die ökologischen Anhänge, und die sind doch nun aber wirklich ..." Nein, sind sie nicht. Auch damals schon war jeder Gartenratgeber gehaltvoller.

166 Minuten also ständiger Krawall und pathetische Dialoge. Meine Tasse Tee ist schon das nicht, und dazu dann noch die latent irre Lautstärke, die sich in heutigen Kinos offenbar eingebürgert hat. Und wenn dieses ganze Getue dann, womit Regel 2 ins Spiel kommt, einfach nicht enden will; wenn sich eine Szene an die andere hängt, ohne dass die Geschichte nennenswert vorankommt, dann kommt ein Punkt, an dem ich mich dabei ertappe, wie meine Gedanken davonfliegen und zum Beispiel an den Herrn der Ringe andocken, oder an die Harry-Potter-Filme. Zumal Dune; Part Two dann, ich hoffe, man kann das ohne zu spoilern sagen, mit einem (noch dazu voraussehbaren) Cliffhanger endet.

Wenn ein Regisseur seine Story nicht in zwei Stunden unterbringen kann, dann hat er sie einfach nicht hinreichend durchdacht. Dabei bleibe ich.

Soviel zu Dune: Part Two.

 

(Zuerst veröffentlicht in flowworker)


Wednesday, March 6, 2024

Time is running

 

The much-valued Kronos Quartet of San Francisco, which I recently had the pleasure to see live on stage, opens up a new chapter. There's no way to call it anything else, as two of the quartet's long-time members, John Sherba (violin) and Hank Dutt (viola) announced their retirement after more than 45 years. All the best to you, guys!

Changes in the quartet's line-up happened from time to time; Kronos had a couple of cellists. The latest newcomer on the cello was Paul Wiancko. John Sherba and Hank Dutt will be replaced by violinist Gabriela Diaz and violist Ayane Kozasa; the only remaining "original" member will be Kronos' founder and artistic director, David Harrington.

Kronos will not be the same anymore, but I'm sure the spirit will remain.

Friday, March 1, 2024

Jan R. in den "Elektro Beats"

Mit den 1986 gestarteten Vorgänger-Sendungen „electronics“ und „Himmel & Erde“ sind die Elektro Beats die wohl profilierteste und dienstälteste Elektronik-Sendung im deutschsprachigen Raum. Jeden Sonntag präsentiert Olaf Zimmermann aktuelle Elektronik -Sounds, gut gemixt mit Klassikern, CD- und Konzert-Tipps und Studiogästen. Kraftwerks legendäres Album „Autobahn“ feiert 2024 Jubiläum, und da darf natürlich weder die Musik noch Jan Reetzes Buch darüber fehlen.

Am 3. März, zwischen 21 und 23 Uhr, spricht Olaf Zimmermann in einem  „elektro beats“- Special (radio eins, rbb) mit dem Autor, der seit 16 Jahren in Pittsburgh lebt, über Inhalt und Details seines Buchs und spielt diverse Fassungen der Titel des „Autobahn“- Albums und originelle Coverversionen.

Der Link zum Live-Hören: HIER

Der Link zum Nachhören: HIER

Aus diesem Anlass unternahm flowworker zwei Zeitreisen in den letzten Tagen, in jene Zeit: Musikjournalist und Musiker Michael F. erinnert sich an frühe Kraftwerk-Konzerte. Michael E. stellt seine 20 Lieblingsalben aus jenem Jahr 1974 vor.

 

(Post übernommen aus flowworker)

Monday, February 26, 2024

Unseen

 

 

Gemessen an dem Geklingel, das um diese Ausstellung im Andy Warhol Museum veranstaltet wurde, war das Resultat dann doch eher ernüchternd.

Das Warhol Museum ist nach eigener Aussage das größte einem Einzelkünstler gewidmete Museum weltweit. Der Bestand an Werken dürfte inzwischen unbezahlbar sein. Klar, dass der Platz selbst in diesem Gebäude nicht ausreicht, um Warhols Werk komplett zu dokumentieren. Die Museumscrew gibt sich viel Mühe, in wechselnde Ausstellungen immer wieder Werke einzubauen, die man auch als regelmäßiger Besucher noch nicht gesehen hat.

Letztes Jahr ist man deshalb auf die Idee gekommen, durchs Depot zu gehen und eine Auswahl von Werken zusammenzustellen, die noch nie ausgestellt wurden.

 


 

Das Ganze nimmt jetzt etwas mehr als eine halbe Etage ein und ist chronologisch von den 1960ern bis in die 1980er Jahre zusammengestellt -- Siebdrucke, Portraits (u.a. drei Beuys-Portraits mit Diamantstaub), Zeichnungen, Werbegrafik, Erotik. Einige dieser letzteren Drucke wurden unter anderem aufgrund ihrer sexuellen Drastik bislang nicht gezeigt und sind etwas verschämt in einem Raum ausgestellt, der von außen nicht einsehbar ist -- albern und unnütz, denn inzwischen regen wohl auch sie niemanden mehr ernsthaft auf.

Dazwischen findet sich einiges Sehenswertes, aber auch Material, das eher unfertig wirkt und die Frage aufwirft, weshalb es überhaupt ausgestellt wurde.

 


 

Wirklich überzeugend ist die ganze Ausstellung nicht. Mein Tipp trotzdem: Die "Unseen"-Idee wird weiterverfolgt werden. Mit Sicherheit ist noch jede Menge Material vorhanden. Wenn das dann allerdings nicht interessanter ist als die hier jetzt zu sehenden Werke, dann könnte man die Werke von mir